Die wunderbare Hausgeburt von Ronja Charlotte

Am Mittwoch, dem 30.4. war ich bereits acht Tage über ET und hatte schon in den Tagen davor allen Leuten gesagt, jetzt müsse sie noch mindestens einen Tag drin bleiben, weil ich am Nachmittag noch auf die große Feier zum 60. Geburtstag meines Vaters wollte… Aber natürlich hatte meine kleine Maus ihren eigenen Kopf!

Morgens um vier stillte ich Malin nochmal in den Schlaf. Danach hatte ich so ein fieses Ziehen im Bauch, das ich zuerst mit dem mir seit Monaten bekannten Gefühl assoziierte, wenn Ronja sich richtig feste in meine Blase bohrte. Ich ging auf Toilette und musste auch ordentlich, aber als sich das Ganze nach einer Viertelstunde wiederholte, dachte ich so bei mir: „Sind das jetzt etwa doch Wehen? Och nö, heute doch bitte nicht!“ Also habe ich mir ganz fest einzureden versucht, es sei nur ein Blasendrücken. Zwinkern Nur, dass es eben schon im ganzen Unterbauch drückte und nicht nur in der Blase.

Ein bisschen hatte die Selbstsuggestion also schon gebracht, denn gegen sechs konnte ich wieder einschlafen, weil das Ziehen nun in deutlich größeren Abständen kam. Ganz konnte ich es aber nicht ignorieren – als Malin aufwachte und wie sonst immer zum Aufwachen genüsslich stillen wollte, war das Ziehen so unangenehm, dass ich damit nicht liegen bleiben konnte. Das kannte ich aber schon von Malins Geburt – nur hätte ich da die Ruhe im Liegen echt nötig gehabt. Auf jeden Fall sind wir also aufgestanden, und Malin hat schon gemerkt, dass irgendwas anders ist, nicht nur, weil das Kuschelstillen wegfiel. Sie hatte mehrere Wut-Kreischanfälle, unter Anderem wegen einer zerbrochenen Banane, die ich wieder heile machen sollte. Die Arme, sie hatte sie ganz alleine geschält und war so stolz, und dann ist einfach ein Stück abgebrochen! Und auch mein (sonst immer funktionierender) Hinweis, dass sie einfach alles aufessen solle, weil dann im Bauch die Banane wieder heile wird ;) , funktionierte nicht.

Ich wollte unbedingt noch ins Stillcafé fahren, und so passte es mir eigentlich ganz gut, dass es jetzt höchstens alle halbe Stunde mal zog, und das auch nicht so wirklich stark. Ich lag ja auch nicht mehr im Bett. Kurz bevor ich losfuhr, kamen noch meine bestellten Kontaktlinsen, auf die ich sehnsüchtig gewartet hatte, und so konnte ich das erste Mal seit über fünf Monaten wieder brillenfrei losfahren. Was habe ich das genossen!

Im Stillcafé war es dann auch sehr nett, mein Bauch zog alle halbe Stunde etwas stärker, aber es war echt auszuhalten. Auf diese Weise hätte ich wohl auch noch über den Nachmittag kommen können. Aber als es dann zuende war, trödelte ich nicht wie üblich mit meinen Freundinnen und ihren Kindern noch ewig auf dem Krankenhausgelände herum (unsere drei müssen dort normalerweise nach dem Stillcafé jeden Kieselstein und Stock aufsammeln), sondern machte mich zügig auf den Heimweg, weil ich noch etwas besorgen wollte und außerdem im Gefühl hatte, dass Trödeln keine so gute Idee mehr sei. Ich hatte auch schon im Hinterkopf den Gedanken: „Heute fahren wir nur noch nach Hause und sonst nirgendwo mehr hin!“

Im Auto hat es dann auch so alle acht bis zehn Minuten mal heftiger gezogen, und nachdem meine Besorgung sich als nicht erfolgreich herausgestellt hatte (und dazu kurve ich ewig durch die Stadt, also echt! ), fuhr ich nach Hause, anstatt, wie ich eigentlich vorhatte, nochmal kurz etwas Buttermilch zu besorgen, die die Hebamme mir zum Anregen der Verdauung empfohlen hatte.

Ich machte zuhause dann meinen Rechner an, um schnell noch den Kontaktlinsenverkäufer zu bewerten, aber da kam Freddy auch schon heim, mit dem ich frühestens eine Stunde später gerechnet hatte. Da ich kurz überlegt hatte, ihn mal anzurufen, damit ich ein Bad nehmen konnte, ließ ich dann auch die Ebay-Bewertung im Stich (der Verkäufer muss jetzt halt ein paar Tage warten) und ließ mir ein Bad ein, um zu sehen, ob die Wehen wirklich bleiben oder es ein Fehlalarm ist. Freddy packte solange Malin ins Fahrrad, machte noch eine Besorgung und fuhr ein bisschen mit ihr herum. Ich sagte noch scherzhaft zu ihm: „Die Wehen kommen so alle zehn Minuten, fahr du ruhig. Ich denke nicht, dass ich hier jetzt eine Alleingeburt in der Wanne hinlegen werde.“

Ich hatte mir extra eine Digitaluhr neben die Wanne gestellt, und während ich mir mit der Dusche Wasser über den Bauch laufen ließ, weil ich nicht auf die Greenpeace-Methode für gestrandete Wale zurückgreifen wollte (ich musste mir die letzten Monate immer ein nasses Tuch über Bauch und Brüste legen, weil die einfach nicht mehr mit in die Wanne passten Lachen ), stellte ich fest, dass sie jetzt alle acht Minuten kamen. Die letzte Wehe war in der halb liegenden Position in der Wanne so unangenehm, dass ich beschloss, jetzt besser auszusteigen. Als ich die Dusche abstellte und das Wasser abließ, kam, kaum dass kein heißes Wasser mehr am Bauch war, ganz plötzlich, drei Minuten nach der letzten, eine viel stärkere Wehe. Glücklicherweise saß ich schon aufrecht, angenehm fand ich diese Position trotzdem nicht. Als ich mich hinstellte, um aus der Wanne zu steigen, kam die nächste Wehe. Dieses Mal konnte ich sie vornübergebeugt, auf den Wannenrand gestützt, veratmen, was viel besser funktionierte. Wochen vorher hatte Petra mir bei der Vorsorge auch noch zu dieser Position oder eben dem Vierfüßlerstand geraten, weil Ronjas Kopf sehr weit unten und der Muttermund sehr weit hinten war. Der Kopf könne in einer anderen Position zwar auch Druck auf den Muttermund ausüben, es sei aber möglicherweise schmerzhafter. Wie Recht sie doch hatte!

Kaum war ich aus der Wanne gestiegen und die anderthalb Meter bis zum Waschbecken gegangen, kam auch schon die nächste Wehe. Ich guckte schon gar nicht mehr auf die Uhr. Wozu auch? Klar, dass die Geburt jetzt in vollem Gange war.

Freddy kam zurück, ich sagte zu ihm: „Heute fahren wir nirgendwo mehr hin“ und rief meinen Vater an, um ihm mitzuteilen, dass wir nicht kommen würden. Während des Gespräches klingelte noch Mo, der uns eigentlich Dekorationen für den Festsaal mitgeben wollte, da er und Astrid erst gegen acht Uhr auf der Feier sein konnten. Tja, so war es eben anders herum. Der Festsaal blieb also undekoriert (ich habe mir erzählen lassen, dass die Bilder jetzt halt das Haus meiner Eltern schmücken), und Onkel Mo nahm unseren Laptop mit, den er für die Präsentation brauchte.

Moritz half Freddy dann noch, den Badewannen-Haltegriff anzubringen, den wir am Vorabend noch gekauft hatten, da ich es zunehmend schwieriger fand, in die Wanne ein- und wieder auszusteigen. Und es hätte ja sein können, dass ich im Laufe der Geburt noch mal in die Wanne hätte steigen wollen.

Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es zwanzig vor drei war und Christine eigentlich schon bei der LLL-Stillgruppe angekommen sein müsste (es ist ja etwas sinnlos, jemanden anzurufen, von dem man weiß, dass er gerade Auto fährt). Also rief ich sie an und sagte, ich würde auf ihr Angebot zurückkommen, auf Malin aufzupassen, aber sie könne noch ruhig zur Stillgruppe gehen und danach kommen.

Dann rief ich beim Rufdienst der Hebammen an, um Bescheid zu sagen, dass ich Wehen hatte. Sofie rief dann zurück und sagte, eigentlich hätte Kristina Dienst, sie hätte aber noch was zu erledigen, was ungefähr eine halbe Stunde dauern würde. Würde es reichen, wenn Kristina mich in einer halben Stunde anriefe? „Klar“, sagte ich, „ich wollte bloß Bescheid sagen, dass es heute noch ernst wird.“ Ich rechnete ja wirklich nicht damit, dass das Kind zur Welt kommen würde, bevor es dunkel wird…

Wir aßen noch etwas Gemüseauflauf, und währenddessen musste ich schon öfters aufstehen und eine Wehe im Vierfüßlerstand veratmen. Rein aufgestellt und vornübergebeugt ging nicht so gut, auch, weil ich mich dabei immer bewusst daran erinnern musste, Beine und Becken zu lockern. Im Vierfüßler machte ich das automatisch.

Um Viertel vor vier rief ich dann nochmal bei den Hebammen an, weil Kristina sich noch nicht gemeldet hatte (am Tag nach der Geburt erzählte sie, dass sie an dem Mittag einen Autounfall gehabt hatte und etwas durch den Wind gewesen sei Geschockt , aber Sofie habe offenbar entschieden, dass sie das packen würde), und bat sie, doch bitte sofort loszufahren. Auch Christine rief ich an und bat sie, doch bitte sofort loszufahren, weil Malin sehr viel Aufmerksamkeit von Freddy forderte, die ich aber auch zu dem Zeitpunkt brauchte.

Die Wehen wurde immer stärker, und ich kniete beim Tönen mittlerweile nur noch auf dem Sofa, stützte mich auf die Armlehne und klammerte mich an Freddys Beinen fest – er stand hinter der Lehne. Es lohnte sich gar nicht mehr, mich zwischen den Wehen hinzusetzen, sondern ich ließ einfach meinen Oberkörper auf die Lehne sinken und wartete ab. Ich merkte auch, dass ich schon in der Übergangsphase war, da es jetzt stärker im Kreuzbein zog (da hatte ich vor Malins Schwangerschaft auch meine Regelschmerzen) und nicht mehr „ringförmig“ rund um Bauch und Rücken. Es war schon sehr heftig, und ich tönte auch sehr laut. Aber ich brüllte in dieser Phase nicht wie bei Malins Geburt, sondern tönte schön auf A, was sehr half. Teilweise musste ich recht laut werden, aber das Tönen half mir recht gut, meinen Atem zu regulieren.

Christine und Kristina kamen und kamen nicht – sie mussten beide über die Nordbrücke, und auf der Autobahn war der schlimmste Vorfeiertagsstau, den die beiden jemals erlebt hatten. Auf den 500 Metern vom Autobahnkreuz bis zu unserer Ausfahrt stand Christine eine halbe Stunde! Kristina fuhr dann kurzentschlossen in die andere Richtung und nahm einen größeren Umweg in Kauf, musste dann aber nochmal hier anrufen, um sich von Freddy den Weg genau erklären zu lassen.

Während Freddy mit ihr telefonierte, kam wieder eine Wehe. Ich rief ihm zu, sie solle sich beeilen, denn ich spürte schon einen leichten Pressdrang! Malin stand neben mir auf dem Sofa und streichelte meinen Rücken. Sie hatte vorher mitbekommen, dass ich zu Freddy sagte „Ja, streichele bitte meinen unteren Rücken, das tut mir gut.“ Sie legte mir beide Händchen auf den Rücken, streichelte und sagte „Zauberhände“. Das ist ein Massage-Lied auf ihrer Fredrik-Vahle-CD, wozu ich ihr öfter den Rücken massiere. Ich fand das soooo süß! Als Freddy allerdings eine Viertelstunde später besagtes Lied zu pfeifen anfing, mitten in einer Wehe, fand ich das überhaupt nicht süß, sondern habe ihn total angeschnauzt…

Irgendwann dachte ich dann, ich müsste Pipi, aber auf dem Klo zu sitzen war vorher schon nicht mehr angenehm, deshalb zog ich mich bis auf Kompressionsstrümpfe und Shirt aus und bat Freddy, mir eine Schüssel zu holen. Es war aber kein Harn-, sondern eher schon der Pressdrang! Ich dachte noch, dass ich unheimlichen Respekt vor allen habe, die bewusst alleine gebären, ich aber verdammt froh wäre, wenn jetzt endlich mal die Hebamme käme!

Gegen halb fünf kam Christine dann, und die Wehen wurden immer heftiger, der Pressdrang immer deutlicher. Eine Viertelstunde später war Kristina auch da, wusch sich rasch die Hände und untersuchte mich. Sie sagte „Ja, ein kleiner Saum ist noch da, lass dich von deinem Gefühl leiten.“ Alleine dieser Satz tat mir schon sehr gut! Sie schickte Freddy dann schnell Kaffee kochen. Es gab wieder Theater mit Malin, denn normalerweise ist sie diejenige, die hier die Kaffeemaschine bedienen darf. ;) Wir dürfen nur den Wassertank nachfüllen und die Pads aus dem Schrank holen… Christine bekam Malin dann aber recht gut abgelenkt.

Auch der Dammschutz mit dem heißen Kaffee tat mir sehr gut. Kristina machte es abwechselnd mit Kaffee und Wasser, und alleine die Wärme war sehr wohltuend. Sie ölte mir auch den Rücken ein und massierte ihn mir, während ich mich tönend an Freddys Beinen festklammerte. So ging das eine ganze Weile. Recht schnell sagte sie, ich solle mal fühlen, aber nicht erschrecken, das sei die Fruchtblase und nicht das Köpfchen selber. Sie sagte „Man kann die Fruchtblase sehen und dahinter ganz viele dunkle Haare.“ Ich sagte „Das würde ich gerne sehen“, also holte Freddy schnell unsere Digitalkamera und drückte sie Christine in die Hand, die dann auch einige Fotos von der Geburt machte.

Die nächsten Presswehen wurden immer intensiver, und ich musste ab und zu höher tönen (die Yogalehrerin sagte, der Ton sollte so tief wie möglich bleiben, weil das am besten entspannt. Mein Gefühl sagte mir aber, dass ich die Höhe variieren musste) oder sogar „Pressgeräusche“ machen. Ronjas Kopf rutschte nach dem Pressen immer wieder ein Stückchen zurück, was ich jetzt aber nicht so schlimm fand. Schließlich wollte ich ja nicht reißen, und ich hatte noch im Kopf, dass ein längeres Vor und Zurück gut für die Dehnung des Dammes war. Wir hatten zwar dieses Mal anständige Dammassage gemacht, aber ich traute der Narbe nicht so ganz.

Kristina sagte irgendwann „Noch ein kleines Stück, fühl mal, hierhin musst du pressen“ und drückte mir zwei Finger hinten an den Damm. Die Richtung stimmte auch, aber so ganz bekam Ronja die Kurve nicht. Irgendwann gab Kristina mir eine Gabe Coffea (nachdem sie nachgefragt hatte, was ich in der letzten Zeit für homöopathische Mittel genommen hatte – wegen dieser schrecklichen Sache in Österreich konnte ich zwei Nächte vorher ewig nicht einschlafen und habe dann Coffea genommen), damit ich mich nochmal mehr auf mich selbst konzentriere. Ich habe nämlich ein absolut unabschaltbares Hirn und eine Ecke meiner Aufmerksamkeit war immer noch bei Malin, die weiter hinten mit Christines Tochter spielte (und ihr ein Schäufelchen über den Kopf zog).

Dann meinte Kristina, ich solle doch mal die Position wechseln und mich vors Sofa hocken. Freddy setzte sich aufs Sofa (er stieg zuerst mit Schuhen über die Lehne, und als Kristina dann meinte, er solle sie doch besser ausziehen, meinter er “upps”, stieg nochmal zurück und kam dann mit Socken wieder aufs Sofa Sehr glücklich), ich hängte meine Arme über seine Knie, und Christine und die Kinder saßen vor mir. Wie Freddy und Kristina am nächsten Tag sagten, kniete Malin total gebannt vor mir, die Arme aufgestützt, und ließ mich nicht aus den Augen. Ich selber habe nur gemerkt, dass sie vor mir war, aber ihre Spannung habe ich nicht mitbekommen.

Die nächste Presswehe brachte Ronjas Kopf direkt vor den Scheidenausgang, die Fruchtblase wölbte sich vor. Mit der nächsten Wehe kam ein brennendes Gefühl, ich hörte Kristina rufen „Atmen, atmen!“, und sie schnaufte mir etwas vor, während ich hechelte. Ich fühlte die Fruchtblase platzen, und dann war der Kopf da! Mit der nächsten Wehe kam der Körper, es brannte nochmal für kurze Zeit ganz fies, und das war der einzige Zeitpunkt, an dem ich dachte „nee, ich will das jetzt doch nicht, aua!“, und ich tönte auch auf „auauauaua“. ;) Sie hatte leider das Ärmchen oben, so dass ich einen Scheidenriss davontrug. Aber der Damm ist intakt geblieben, was mich unheimlich freut! (Die Scheide kann man ja nun leider weder mit Massage noch mit einer dem Prozess förderlichen Geburtsposition vom Reißen abhalten :( )

Da war also meine Ronja! Kristina hielt sie unter den Armen und forderte mich auf, sie hochzunehmen, ich nahm sie, ein rotes weiches Handtuch (eins von denen, die Christine auch bei Sonjas Geburt hatte) wurde über uns gedeckt, und ich sah sie einfach nur an. Kurz blickte ich auf die Uhr – 17.47. Ich fühlte nach der Nabelschnur und merkte, wie sie pulsierte. Das hatte ich bei Malin auch gemacht, aber ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, ob ich ein Pulsieren gefühlt hatte oder nicht. Kristina zeigte Freddy den Knoten in der Nabelschnur, den Ronja sich da hineingeturnt hatte. (Da können wir ja echt froh sein, dass der nur so locker war…)

Mit gemeinsamen Kräften halfen mir alle dann aufs Sofa, und Ronja suchte sofort nach der Brustwarze und saugte. Zwar nur ein- zweimal kurz, aber das hatte Malin nach ihrer erschöpfenden Geburt nicht gemacht, und ich war total glücklich!

Wir saßen also da und lernten uns kennen, mollig warm zugedeckt, sie knötterte ein bisschen, und ich war sehr glücklich. Mehrmals mussten wir die Handtücher austauschen, weil sie ständig Miniportionen Mekonium absonderte. Ich merkte dann immer, dass meine Hand schon wieder klebrig war. Sehr glücklich Irgendwann legte ich sie vom rechten in den linken Arm, und auch hier suchte sie sofort die Brust und saugte dieses Mal etwas länger. Kristina schaute auch noch einmal nach, ob der Riss genäht werden musste – es bestand durchaus eine Chance, dass die Wundkanten so gut aneinander liegen, dass ein Sitzen mit zusammengekniffenen Beinen zur Heilung ausgereicht hätte (Ob ich das, vor allem mit den dicken Flockenwindeln zwischen den Beinen, geschafft hätte, stand auf einem anderen Blatt). Leider meinte sie, dass sie schon mit zwei Stichen nähen müsste.

Malin brachte unterdessen schon mal zwei Strampler an, die Ronja anziehen sollte. Sie traute sich aber nicht, sie zu streicheln. Statt dessen lief sie durch die Gegend und rief die ganze Zeit „Unser Honja, unser Honja!“ Seitdem ist Ronjas Kosename in unserem Sprachgebrauch „unser Honja“. :)

Zwischendurch versuchte ich die Plazenta herauszupressen, weil sie laut Kristina ganz lose vor dem Eingang lag, aber ohne Wehen war mir das zu anstrengend, und das Drücken brachte so absolut überhaupt nichts. Nach einer Weile kam dann aber eine Nachwehe, und ich konnte die Plazenta herauspressen. Im Gegensatz zu Malins war sie recht klein und sah auch ein wenig zerfleddert aus, ist aber komplett herausgekommen.

Freddy machte ein Foto und schickte genau eine Stunde nach meiner Geburt eine MMS an meinen Vater, der uns mehrmals gesagt hatte, er hätte sein Handy auf jeden Fall dabei. Dann klemmte Kristina die Nabelschnur ab, Freddy schnitt sie durch und machte dann ein Foto von der Plazenta. Extra dafür machte Kristina den Knoten, den sie gelöst hatte, nochmal in die Nabelschnur. ;) Nach den Fotos schnitt sie ein kleines Stück heraus und gab es mir zwischen zwei Bissen Fruchtriegel. Es war sehr glibberig, und geschmeckt habe ich nichts! Dann tranken wir noch den Sekt, der seit Wochen dafür im Kühlschrank bereit stand.

Eine Stunde nach der Geburt

Christine ging dann auch nach Hause, um mit ihrer Familie zu Abend zu essen. Auf der Rückfahrt sah sie noch einen Regenbogen über St. Augustin. Na, wenn Ronja kein Glückskind ist! Gleich drei Zeichen auf einmal!

Wir wogen und vermaßen Ronja so etwa zwei Stunden nach der Geburt. 54 cm, 4020 g und 36,5 cm Kopfumfang! Stolze Maße, nur minimal weniger als Malin (ich wette, das waren die drei Tage, die sie früher rauskam…)!

Dann nahm Freddy Ronja auf die nackte Brust, wo sie dann auch sofort versuchte, an seiner Brustwarze anzudocken Sehr glücklich Es war ihr dann wohl aber doch etwas zu haarig. ;) Ich legte mich hin, damit Kristina nähen konnte. Sie betäubte mich mit Spray und sagte, wenn es gar nicht ginge, würde ich auch eine Spritze bekommen. Aber ich dachte mir: „Ein Pieks, um zwei nicht zu spüren? Nee, muss echt nicht sein.“ Also musste es so gehen. Ich quiekte aber schon: „Ich habe Angst, Angst, Angst!“, weil ich Spritzen und Nadeln aller Art (die in meinen Körper sollen) total verabscheue. Ronja wurde unruhig, ich beschloss, jetzt einfach die Zähne zusammenzubeißen und das Nähen zu veratmen und das jetzt hinter mich zu bringen.

Der erste Stich war okay, da war nur das Spreizen der Scheide fies. Beim zweiten merkte ich das Zusammenziehen des Knotens etwas stärker, und dann stellte Kristina fest, dass sie noch einen dritten machen musste, weil es doch am Scheidenausgang etwas klaffte. Den habe ich dann ganz deutlich gespürt, aber es war ja schnell vorbei. Kristina machte mir dann eine Megavorlage aus einer Wickelunterlage und zwei Flockenwindeln zurecht, und Malin brachte mir meinen Schlafanzug. Ich hatte schon zwei heftige Nachwehen, die ich auch veratmen musste.

Dann riefen wir gegen halb neun nochmal auf Mamas Handy an. Im gleichen Moment, als Kathrin dranging, entdeckte Papa die MMS und verkündete dem ganzen Saal die Geburt seines zweiten Enkelkindes, so dass ich live am Telefon den Applaus von hundert Gästen mitbekam! Auch mit Mama sprach ich kurz, und Kathrin berichtete mir am nächsten Tag, dass Mama sich noch Minuten nach dem Telefonat immer wieder Rührungstränen aus dem Gesicht wischen musste.

Stolze

Ich war noch total euphorisch und rief Sabine und Tanja an, die gar nicht glauben konnten, dass es dann doch so schnell gegangen war, nachdem wir uns am Vormittag im Stillcafé noch gesehen hatten. Am liebsten hätte ich auch dann schon den kompletten Geburtsbericht verfasst, aber ich war dann doch nicht in der Lage, mich so lange an den Computer zu setzen… In der Zwischenzeit ging Freddy mit Malin im Ergo Pizza holen. So kamen wir zu unserem Abendessen, und Malin konnte wunderbar einschlafen.

Papa und Tochter

Kristina sagte am Tag danach, dass es auch gut hätte sein können, dass Ronja schon zwanzig Minuten nach ihrem Eintreffen auf die Welt gekommen wäre anstatt nach einer Stunde. Ich hätte mich da wohl aus irgendeinem Grund nicht getraut. Ich selber denke, dass das schon richtig war, weil ich eben Angst hatte zu reißen und mir das längere Vor und Zurück von Ronjas Kopf doch eine gewisse Sicherheit gab. Der zweite Faktor ist, dass ich im Knien hätte aufrechter sein müssen. Mein Rücken war dadurch, dass ich mich auf der Rückenlehne des Sofas abgestützt habe, so gut wie waagerecht, und eine aufrechtere Position hätte ihr wohl ratzfatz rausgeholfen. Das sah ich dann ja auch, als sie in der Hocke so schnell kam! Aber das konnte ich kräftemäßig eben nicht, und ich denke auch, dass es mir wohl zu schnell gegangen wäre. Diese Stunde hatte ich noch gebraucht, und auch wenn ich insgesamt anderthalb Stunden Pressdrang hatte, kam es mir nicht zu lange vor, sondern genau richtig.

Es war so ein schönes, stimmiges Erlebnis! Kurzfristig war ich überrascht davon, wie heftig die Wehen wurden, nachdem ich das warme Wasser verlassen hatte, aber es war noch gerade so im richtige Tempo. Ich wünsche jeder Frau so eine wundervolle Geburt oder wenigstens das Wissen, dass so etwas möglich ist!

julia am Mai 17th 2008

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